Samstag, 13. Juni 2015

The Magnificent Seven: Kensal Green Cemetery

"For there is good news yet to hear and fine things to be seen, 
Before we go to Paradise by way of Kensal Green."
- Gilbert Keith Chesterton, "The Rolling English Road"

In London gibt es sieben Friedhöfe, die zwischen den Jahren 1832 und 1841 angelegt wurde und aufgrund ihrer Größe an Fläche und Grabmonumenten unter dem - inoffiziellen - Namen "The Magnificent Seven" zusammengefasst werden. Folgende Friedhöfe gehören dazu: Im Norden Highgate und Abney Park, im Westen Kensal Green und Brompton, im Süden West Norwood und Nunhead und im alten East End Tower Hamlets. Aufmerksam geworden bin ich auf diese Sehenswürdigkeiten abseits der typischen Touristenmagneten wie Tower, Tower Bridge, Westminster Palace und Buckingham Palace durch Zufall auf dem Weg zu einem Chelsea-Spiel im letzten August. Chelseas Stadion Stamford Bridge und der Brompton Cemetery sind nur durch Bahngleise getrennt. Die Bilder vom Brompton Cemetery finden sich in einem anderen Blog-Beitrag.


So machte ich mich im März 2015 nach Kensal Green auf. Dort angekommen, sah ich schnell, dass der Friedhof seine ganz eigene Art hatte. Er war anders als Brompton. Während in Brompton die Gräber fein aufgereiht aneinander lagen, war es hier etwas lockerer.


Kensal Green vereinigt unter den Magnificent Seven gleich zwei Rekorde: Er ist 1832 angelegt worden und damit der älteste der sieben Friedhöfe. Zudem ist er der flächenmäßig größte. Trotz seiner Größe hat er nicht die meisten Bestattungen der Magnificent Seven.



Bei der hier gezeigten Kapelle handelt es sich um die "Dissenters' Chapel." Sie wurde für Trauerfeiern von Menschen genutzt, die nicht der anglikanischen Staatskirche angehörten. Die Gräber in diesem Bereich sind Katholiken, Orthodoxen oder kontinentaleuropäischen Protestanten vorbehalten gewesen. Die Kapelle wurde von 1831-1834 erbaut und war die erste Kapelle, die explizit zum Zweck der Bestattung nichtanglikanischer Verstorbener gebaut wurde. 1997 hat man die Kapelle liebevoll restauriert. Seitdem wird sie gelegentlich wieder für Trauerfeiern genutzt.


Wie bereits erwähnt ist der Friedhof sehr geräumig angelegt, um auch mit Fuhrwerken bis nahe an die Gräber zu kommen. Dadurch wird der Friedhof von mehreren größeren Wegen durchzogen.




In einem Seitenflügel der anglikanischen Kapelle befindet sich der Sarkophag für Georgine Clementson. Sie war die Tochter des Bildhauers John Graham Lough, der auch für seine Tochter das Grabmal gestaltete und ausführte.






Auffällig ist das Grabmal von Charles Spencer Ricketts (1788-1867). Mehrere Stützen tragen einen Sarkophag, der von einem fein ausgearbeiteten gotischen Dach überspannt wird. Man mag meinen, dass das Grabmal sehr überladen ist. Er nahm seinen Dienst in der Marine im Alter von sieben (!) Jahren auf. Bereits mit 27 ging er in den Ruhestand. In seiner aktiven Dienstzeit diente er unter dem berühmten Lord Nelson. Später wurde Ricketts High Sheriff von Buckinghamshire. Das Grabmal wurde vom berühmten Architekten William Burges entworfen.




Die anglikanische Kapelle ist sehr ausladend und somit auch das größte Bauwerk des Friedhofes. Unter ihr sind auch Katakomben des Friedhofes. Sie ist in einem klassizistischen Stil gehalten und ihr zentrales Schiff erinnert sehr an die Gestalt griechischer Tempel.


Eine besondere Auffälligkeit sind schwarze Gräber und schwarze Mausoleen in einer edlen Schlichtheit. Diese sind überwiegend bei italienischen Einwanderern üblich.



In Kensal Green ist auch George Birkbeck (1776-1841) in einem Familienmausoleum begraben. Er ist in einer Quäker-Familie im Norden Englands aufgewachsen. Die Familie wandte sich später nach Schottland. Folglich wirkte Birkbeck auch in Edinburgh und Glasgow. In Edinburgh absolvierte er ein Medizinstudium, in Glasgow wirkte er als Professor für Naturphilosophie.
Birkbeck war die Lehre und der Austausch von Wissenschaftlern besonders wichtig. So hinterließ er in seinem Leben eine Schneise von von ihm gegründeten akademischen Kreisen und Institutionen. Er gilt bis heute als einer der Pioniere der Erwachsenenbildung.
Er kehrte nach England zurück und wirkte schließlich in London. Das von ihm 1823 ins Leben gerufene London Mechanics Institute war Vorbild für viele weitere Gründungen in England. Es besteht bis heute fort und ist als Birkbeck College Bestandteil der University of London.
Sein Mausoleum liegt an der zentralen Achse des Friedhofs. An dieser zentralen Linie des Friedhofs, die auf die anglikanische Kapelle zuführt, liegen zahlreiche opulente Mausoleen.
Ebenfalls an der zentralen Achse ist das Mausoleum der Familie Ducrow gelegen.
Auch wenn das Grabmal von Andrew Ducrow (1793-1842) heute nicht mehr in Farben strahlt, wie nach der Errichtung, ist es dennoch eines, welches durch seine Architektur ins Auge sticht. Ducrow war ein britischer Zirkusperformer und gilt als einer Erfinder der Pferdetricks in der Manege. Ihm gehörte das Astley's Amphitheater. Es befand sich vom Palace of Westminster gesehen auf der anderen Seite der Themse in Lambeth.
Nachdem sein Amphitheater zum dritten Mal Opfer eines Feuers geworden war, brach Ducrow mental zusammen und erholte sich davon nicht mehr so recht.
Die Gestaltung seines Grabmals wurde von seinem Theaterdesigner übernommen und enthält Einflüsse aus der griechisch-römischen und der ägyptischen Kunst. Einflüsse christlicher Ikonographie sucht man an dieser Stelle vergebens.



Wie kommt man zum Friedhof?
Mit Bus: 18, 28, 52, 316, 452, N18
Mit Bahn: Kensal Green Station (Bakerloo Line & London Overground)